Nicht erst seit der Flüchtlingskrise haben die Deutschen ein Problem mit sich, das sie auf Andere, hier auf den Islam und auf dessen Menschen, projizieren. Der große Helmuth Plessner diagnostizierte, dass die „Deutschen…kein rechtes Maß zu finden“ in der Lage seien, und deshalb „verfielen sie immer wieder dem Zauber der Extreme“. Daraus folgt, dass die Deutschen stets entweder für das eine oder für das ganz andere immer ohne rechtes Maß eintreten. Der Gegenstand Islam und Muslime stellt in dieser Hinsicht für die Deutschen keine Ausnahme dar. Das ist das Thema von Bassam Tibi in seinem Cicero-Online-Artikel Deutschland und der Islam – „Wir Muslime sind doch normale Menschen“.

Tibi führt sein Argument am Beispiel der deutschen Islamwissenschaft aus; ihr Begründer Carl Heinrich Becker verfiel dem einen Extrem in seinen Islamstudien, worin er den Muslim als homo islamicus „rassenpsychologisch“ bestimmt und ihn als dem Europäer unterlegen einordnet. Genau in das ganz andere Extrem verfällt heute Thomas Becker in seinem preisgekrönten Buch Kultur der Ambiguität, worin er den Islam sexualisiert. Plötzlich steigt der homo islamicus bei Thomas Bauer vom rassenpsychologisch unterlegenen Menschen zu einem dem Europäer überlegenen Menschen deshalb auf, weil er angeblich bisexuell die Wahlfreiheit hat, bei der Befriedigung seiner Sexualität zwischen Mann oder Frau zu wählen. Dies soll Ambiguität sein. Tibi bezeichnet das Image des homo islamicus bei C.H. Becker als Rassismus einerseits und bei Thomas Bauer andererseits als antirassistischen Rassismus. Auf diese Weise pendeln die deutschen Islambilder zwischen Verteufelung und Verherrlichung und die Deutschen finden somit – wie stets – „kein rechtes Maß“ (Plessner). Gegen beide schreibt Bassam Tibi im Cicero-Online-Artikel Deutschland und der Islam – „Wir Muslime sind doch normale Menschen“.